Mordender Manga Maniac – Die Rückkehr (1. Update)

Dass Anime- und Manga-Fans in den Medien selten gut weg kommen ist in der Szene inzwischen wohl hinlänglich bekannt. Auch in diesem Blog habe ich mich schon das eine oder andere Mal darüber aufgeregt, beispielsweise, als einem Mordopfer eine Art Fetisch angedichtet wurde (was den Berichterstattern nachträglich eine Rüge einbrachte) oder der Anime Death Note aus irgend einem esoterischen Grund dazu geführt haben soll, dass eine gestörte Person ein junges Mädchen ermordete.

Vielleicht haben einige von euch die Tage bereits die neueste reißerische Berichterstattung mitbekommen: In Eichwalde wurde ein 14-jähriges Mädchen, vermutlich aufgrund eines eskalierten Beziehungsstreits, erstochen. So unglaublich tragisch dieses Ereignis ist, so absurd ist die Berichterstattung, die natürlich wieder von unserem liebsten Vier-Buchstaben-Blatt lanciert und von etlichen anderen Medien ungeprüft weiter verbreitet wurde:

Der mutmaßliche Mörder, der ehemalige Freund des Opfers, ist angeblich Manga-Fan. So weit, so unerheblich für den Fall. Doch dann der Coup: Der mutmaßliche Täter soll zuvor Zeichnungen im Manga-Stil von sich als “tragischen Helden” und seinem Opfer “mit Schnittnarben am Körper” ins Internet geladen haben. Der große Haken an der Geschichte: Die daraufhin durch die Medien gepeitschten Bilder stellen weder ihn noch das Opfer dar. Tatsächlich handelt es sich um Darstellungen von Charakteren mal mehr mal weniger bekannter Serien, nämlich Itachi aus Naruto (nicht Sasuke, wie manche Quellen behaupten) sowie Mato aus Black Rock Shooter. Sie wurden auch nicht vom mutmaßlichen Täter gezeichnet, sondern sind beides Fanarts eines englischsprachigen Anime- und Manga-Fans auf theOtaku.com (die Bilder findet man hier und hier). Auf der verlinkten Seite wird auch ersichtlich, dass die Zeichnungen bedeutend älter datiert sind als die angeblichen “zwei Monate vor dem Mord”. Da die Galerie auch das eine oder andere Shonen-Ai-Motiv enthält und der Nickname weiblich ist, dürfte der Urheber zudem mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls weiblich sein.

[1. Update] Inzwischen habe ich erfahren, dass es sich bei der Urheberin um eine deutsche Zeichnerin handelt. Sowohl sie als auch ihre Eltern sind alles andere als begeistert von dem, was aus ihren Zeichnungen gemacht wird und haben Anzeige erstattet. Die Reaktionen des Springer Verlags sind erwartungsgemäß vor allem dreist angesichts der Tatsache, dass sich die Zeichnerin inzwischen sogar in Hassmails beschimpfen lassen muss.

Das heraus zu finden hat mich weniger als fünfzehn Minuten gekostet, die ich in die Bildersuchmaschine TinEye investiert habe. Dass einige Journalisten dieses praktische Recherchemedium offensichtlich nicht kennen (oder ignorieren) und sich lieber in wilde Spekulationen ergeben, spricht für sich. Denn selbst ohne genaues Wissen aus der Anime- und Manga-Szene hätte man so schnell genug heraus finden können, dass derartige Behauptungen schlicht Blödsinn sind.

Wir dürfen also zusammenfassen, dass der mutmaßliche Täter vielleicht ein paar Manga-Bilder ins Internet geladen hat (sein angebliches Pseudonym ist nämlich ein sehr häufiges in der Szene).  Zudem, dass die Bilder aber definitv nicht von ihm stammen, sondern einem anderen, vermutlich weiblichen Fanart-Zeichner zugeordnet werden können. Und selbst wenn er der Urheber gewesen wäre, stünden diese Bilder in keinster Weise in Zusammenhang mit der Tat. Was von der Sache also letztendlich übrig bleibt ist ein tragischer Mord, den man in einem Anflug von Pietätlosigkeit krampfhaft noch ein wenig auf zu peppen versucht hat. Das Ganze auf Kosten einer ganzen Jugend- und Erwachsenenszene, die so aufgrund eines harmlosen Hobbies in eine Ecke mit Kindsmördern gedrängt wird, sowie der sowieso schon traumatisierten Angehörigen, die den Manga-Stil in Zukunft wohl immer mit der Ermordnung eines geliebten Menschen in Verbindung bringen werden.

Ich frage mich ernsthaft, wie unglaublich skrupellos solche Menschen sein müssen, die sich angesichts so mangelhafter Recherchearbeit auch noch “Journalist” schimpfen dürfen.

Zu guter Letzt möchte ich noch den meiner Meinung nach recht treffenden Video-Kommentar von LeFloid mit euch teilen, der mich erst auf diese Geschichte gestoßen hat. Den wiederum findet ihr auf YouTube oder direkt hier eingebettet:

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