Achja, die Medien …

Vielleicht hat der eine oder andere von dem Vergewaltigungs- und Mordfall an der kleinen Lena aus Emden gehört und auch von dem wütenden Online- bzw. Offline-Mob, der einen 17jährigen Verdächtigen, der sich im Nachhinein als unschuldig entpuppt hat, am liebsten an Ort und Stelle gelyncht hätte. Zum Glück geht es nicht nach dem wütenden Mob und so hat man kurz darauf einen 18jährigen festgenommen, der inzwischen auch geständig gewesen sein soll. Nun bemühen sich die Boulevardblätter nach Kräften, sich einerseits über die Polizei zu echauffieren, die eigentlich nur ihre Arbeit gemacht und niemanden zur Selbstjustiz aufgerufen hat (da waren die klassischen Medien umso fleißiger) und andererseits die Frage des wütenden Mobs nach dem Warum zu stillen. Anscheinend ist das übliche Killerspiel-Klischee inzwischen selbst für die üblichen Verdächtigen zu abgedroschen. Viel lieber stürzen sich diverse Medien, unter anderem der Stern, Die Welt und ein gewisses Vier-Buchstaben-Blatt nun auf ein angeblich noch kurz vor seiner Festnahme gemachtes Facebook-Zitat, laut welchem der Verdächtige einen Death-Note-Marathon gestartet haben soll. Ich denke mal, dass alle, die Death Note kennen, sich nun fragen werden, welche Relevanz dieses Zitat nun letztendlich für den Fall gehabt haben soll. Das versteht man auch tatsächlich erst, wenn man sich die Zusammenfassungen der jeweiligen Zeitungen zu Gemüte führt. Sinngemäß beschreibt man Death Note dort als eine Serie, in welcher ein Mann mit finsteren Kräften andere Menschen umbringt. Mal mehr, mal weniger ausführlich. Doch der Grundtenor ist dennoch unmissverständlich und so falsch wie er nur sein könnte. Über die als Schmankerl wie immer liebevoll gestalteten Vollnerd-Klischees mag ich mich eigentlich gar nicht mehr aufregen. Natürlich wissen diejenigen, die sich mit einem der besten Anime / Manga unserer Zeit tatsächlich befasst haben, dass die oben genannte Zusammenfassung viel zu kurz gegriffen ist. Für diejenigen also, die Death Note noch nicht kennen:

Aus Langeweile wirft eine Todesgott sein “Death Note” genanntes Notizbuch in die Menschenwelt. Dieses fällt dem hochintelligenten Schüler Light Yagami in die Hände, der fortan mittels dieses Buchs jeden Menschen töten kann, sofern er dessen Namen und Gesicht kennt. Light, welcher das jetzige Rechtssystem als zu lasch empfindet, beginnt fortan, Schwerverbrecher zu ermorden, welche aus diversen Gründen nicht zum Tode verurteilt wurden. Mit seinen Taten spaltet er die Welt in zwei Teile: Diejenigen, welche ihm als “Kira” (japanische Schreibweise für “Killer”) zujubeln und solche, welche seine Selbstjustiz nicht gutheißen und ihn daher jagen und festnehmen wollen. Langsam aber sicher fällt Light jedoch dem Größenwahn anheim und so kommt es bald dazu, dass er nicht nur Schwerverbrecher, sondern auch Kleinkriminelle und selbst seine an sich unschuldigen Kritiker einen nach dem anderen tötet. So lange, bis sich kaum einer auf der Welt mehr traut, gegen ihn aufzubegehren.

Ich hoffe, dass nun einigen die versteckte Ironie an der Nennung ausgerechnet dieses Animes aufgefallen ist. Tatsächlich ist Death Note eine Geschichte, die sich insbesondere gegen Selbstjustiz ausspricht und zeigt, wie diese mit der Zeit aus dem Ruder laufen kann. Eben auch jene Selbstjustiz, die ein 17jähriger Junge im Internet und in den klassischen Medien zu spüren bekommen hat und vermutlich für den Rest seines Lebens im Herzen tragen wird.



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